Die Wirtschaft befindet sich in ihremStreben nach Wachstum stets auf der Suche nach neuen Optimierungspotentialen. Gleichzeitig müssen Qualitätsstandards und das sich ständig — undimmer drastischer — ändernde Umfeldberücksichtigt werden. Höchste Zeit für eine Analyse, die nach Schlüsselaspekten sucht, um ein eganzheitliche Antwort auf die kaum zuerfassende Komplexität künftigerHerausforderungen zu entwickeln!Was haben nun aktuelle betriebswirtschaftliche Ziele,wirtschaftlicheTrendssowie gesellschaftliche,politische und kulturelle Entwicklungen gemeinsam? Sie alle lassen eine stark wachsendeBedeutung von Vielfalt— und damitvon Unterschieden — erkennen. Im Umkehrschluß heißt das: Wer mitVielfältigkeit nicht umzugehen weiß,wird schon bald zu den Verlierern gehören; und Organisationen, die Unterschiede nicht
produktiv nutzen,werden nicht zu den Besten gehören können.Dies waren auch die Überlegungen, die in den USA zu “Managing Diversity”geführt haben. EinManagement-Ansatz, dessen Kern die positive Berücksichtigung von Unterschieden zwischen Menschen darstellt:
- (An-) Erkennen von Unter
- schieden
- Wertschätzen aller Besonderheiten
- (Aus-) Nutzen der Potentiale von
- Unterschiedlichkeit(en)
- Fördern von Vielfältigkeit
Es geht also um eine neue Grundhaltung der Unternehmensführung, die, speziell in Europa, dramatisch an Relevanz gewinnt, wenn nicht zur Notwendigkeit wird. Dafür sprechen je sieben wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen.
In der Wirtschaft
- Globalisierung und europäischeIntegration bewirken ein häufigeres undintensiveres Aufeinandertreffen vonunterschiedlichen Kulturen bzw.Mentalitäten. Dabei spielen verschie-dene Nationalitäten oft nur vorder-gründig Rollen, die durch weitereUnterschiede zu einer komplexen Herausforderung werden.
- UmfassendeUmstrukturierungenhaben zur Folge, daß immer mehrMitarbeiter unterschiedlicher Ausbildung und Erfahrung, Denk- und Arbeitsweisen, Führungs- und Kommunikationsstilen produktiv zusammenarbeiten müssen. Synergien entstehen nur, wenn die jeweilige Vielfalt genutzt wird.
- Eine wachsende Kunden- undMarktorientierung beinhaltet auch die Notwendigkeit, auf die Besonderheiten der (potentiellen) Abnehmer einzugehen,d. h. zahlreiche Unterschiede zu berücksichtigen.
- Chancen in EmergingMarkets werden nur dann vollständig genutzt werden können, wenn ein Unternehmen über den Vermarktungsaspekt hinaus (interkulturelle) Beziehungen mit relevanten Partnern in den Regionen aufbauen kann.
- Unternehmenszusammenschlüsse und -übernahmen (M&A) bringen stets ein Aufeinandertreffen verschiedener Unternehmenskulturen mit sich. Sind alle Mitarbeiter grundsätzlich mit Unterschieden vertraut, werden Verschmelzungsprozesse sanfter verlaufen.
- Strategische Allianzen erfordern fast immer das Kooperieren grundlegend verschiedener Partner.
- Das fortgesetzte Streben nachQualität erfordert den vollen Einsatz aller- unterschiedlichen – Kenntnisse und Fähigkeiten, die in einem Unternehmenvorhanden sind.
In der Gesellschaft und Politik
- Die Integration von Frauen schreitet inallen Bereichen der Wirtschaft voran.Unternehmen, die entsprechendePotentiale — und Bedürfnisse — unbe-rücksichtigt lassen, müssen sich mitschrumpfenden Möglichkeiten zufriedengeben.
- Ethnische “Minderheiten” stelleneinen immer größeren Teil derBevölkerung — und damit des Absatz-und Arbeitsmarktes dar. Kein Unternehmen kann es sich langfristigleisten, diese Bereiche ohne Berück-sichtigung von Besonderheiten zubehandeln.
- Behinderungen sind angesichts destechnischen Fortschrittes immer wenigerals “Verhinderung” zu sehen, so daßUnternehmen verstärkt auf diePotentiale behinderter Menschenzurückgreifen können.
- Homosexuelle Frauen und Männerhaben ihr vermeintlichesRand-gruppendasein vor vielen Jahrenverlassen und sind sichtbar undselbstbewußtgeworden. Sie – und einGroßteil der Bevölkerung – erwartenauch eine Integration in wirtschaftlicherHinsicht: Als MitarbeiterInnenund alsKundInnen.
- Das Verhältnis von und zwischenJung und Alt wird sich in den nächsten Jahrzehnten grundsätzlich verändern;insbesondere alte Menschen werden anBedeutung gewinnen. Ein positiver Umgang mit dem Alter und mit Altersunterschieden wird daher von vitaler Bedeutung sein.
- Glaubens- und Religionsfragen haben schon heute großen Einfluß auf gesellschaftliche und politische Prozesse. Mit wachsender Mobilität und Individualität wird die Vielfalt vonGlaubensprägungen zunehmend von Bedeutung für Unternehmen, während die großen christlichen Kirchen ihre Vormachtstellung allmählich verlieren.
- Alle genannten gesellschaftlichenThemen werden im Entwurf des neuen (Amsterdamer)EU-Vertrags als potentiell “schützenswert” genannt. Einzelne Staaten Europas und einige Bundesländer haben bereits gesetzliche Regelungen eingeführt, die Benachteiligungen gleich welcher Art verbieten. Unternehmen sind also ohnehin eventuell gezwungen, sich mit gesellschaftlicher Vielfalt mehr als bislang”anzufreunden”.
Kulturelle Aspekte
Bedeutende Entwicklungen der letzten Jahre deuten darauf hin, daß eine Individualisierung in der Gesellschaft stattfindet, die insbesondere eine Abkehr von tradierten Wertestrukturen und Verhaltensmustern bedeutet. Herausragend hierbei sind zu nennen:
- Rückgang der Heiratszahlen
- Zunahme Alleinerziehender
- AnstiegnichtehelicherLebensgemeinschaften
- Wachsende Bedeutung derVereinbarkeit von Berufs- undPrivatleben
- Streben nach Individualität bestehtin der Suche nach dem “Anderen”und stärkt die eigene Toleranzgegenüber Unterschieden
- Wachsende Ablehnungtraditioneller, konservativer Werte,Rollen, Strukturen u.s.w.
- Neue Medien und moderneKommunikation entwickeln das”Bekannte und Vertraute” schnellerund umfassender
Alle Zeichen weisen also in Richtung Vielfalt und Individualität. Tatsächlich beschäftigen sich viele Unternehmenbereits mit einzelnen Aspekten.
Beispiele hierfür sind
- Flexible Arbeitszeitmodelle zur
- besseren Vereinbarkeit von Beruf
- und Privatleben
- Inter-kulturelle Trainingsprogramme
- Gleichstellungsinitiativen für Frauen
- Flexible Ruhestandsmodelle
Typisch für derartige Insellösungen: Sie sind Stückwerk, bleiben auf verlorenem Posten und sind auf das Wohlwollen der Organisation angewiesen. Vor allem aber fehlt ihnen meist die strategische Einordnung in die Unternehmenspolitik und ein klarer Hinweis auf ihren Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg. Diversity bietet einen solchen Rahmen und den erforderlichen “BusinessCase”.Vielleicht noch wichtiger ist dieTatsache, daß Diversity keinen Mitarbeiter und keine Mitarbeiterin unberücksichtigt läßt, sondern auf derIntegration aller beruht.Die Kernbestandteile des Erkennens,Wertschätzens und Nutzens vonUnterschieden werden dabei in zwei Richtungen angewendet:
- Einerseits vom Unternehmenausgehend in Richtung seinerMitarbeiterInnen – also als AspektdesPersonalmanagements
- Andererseits von der oder demeinzelnenMitarbeiterIn ausgehendin Richtung derer, mit denen er odersie zusammenarbeitet oder extern Kontakt hat.
Ein Unternehmen, das seine Mitarbeiter-Innen konsequent wertschätzt und spezifische Bedürfnisse berücksichtigt, kann sich ihrer hohen Loyalität sicher sein. Auch ist es dann viel wahrscheinlicher, daß das gesamte Potential der MitarbeiterInnen ausgeschöpft wird bzw. er oder sie dies in den betrieblichen Prozeß einbringen können und werden.Wenn MitarbeiterInnen ihrerseits Unterschiede positiv in ihr Denken undHandeln integrieren, werden sie in Gruppen und über Abteilungs- oderBereichsgrenzen hinweg besser zusammen arbeiten. Koordinationskosten sinken dabei. Die Vielfalt der Märkte und Kunden wird mit Diversity besser berücksichtigt und in höheren Umsatz oder Kundenzufriedenheit münden. Schließlich bewirkt die Offenheit gegenüber dem “Anderen” auch eine positivere Haltung gegenüber Veränderungen, die Unternehmen künftig in immer kürzeren Zyklen erfassen.
Diversity stellt somit für innovative Unternehmen eine Chance dar, sich besser zu profilieren und positiv in der Öffentlichkeit zu positionieren – ein Aspekt, der angesichts immer ähnlicherer Produkte und Dienstleistungen an Bedeutung gewinnt.Ein mutiges und ambitioniertes, einkomplexes und tatsächlichganzheitliches Konzept, das vieles angreift, was deutsche Unternehmenbislang “gekennzeichnet” hat, und daher auf Widerstände stoßen wird. Mit Vielfalt gegen Einfalt: Die Mischung machen lassen anstatt Exoten nur zuzulassen.