„Geht nicht – gibt es nicht!“ – Studieren mit Behinderung

Mehr als 10 Prozent der Deutschen hat eine Behinderung bzw. eine chronische Erkrankung, davon gilt der größte Teil sogar als schwerbehindert. Noch immer sind die Hürden für die Aufnahme eines Studiums sehr groß. Dem möchte die Broschüre „Geht nicht – gibt es nicht“ Abhilfe leisten.

Im Gegensatz zu der oft nur unterschwellig geäußerten Ansicht, behindert seien ja „nur“ geistig Behinderte bzw. körperlich schwer beeinträchtigte Menschen, gibt es eine große Vielzahl an Behinderungen, die auf den ersten Blick nicht als solche erkennbar sind. Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen wie z. B. einer depressiven Erkrankung oder AD(H)S zählen ebenso zu dieser Gruppe wie „der Rollifahrer“. Doch welche Behinderung man auch immer haben mag: Die meisten Behinderten sind kognitiv ebenso leistungsfähig wie Otto-Normal-Student – trauen sich aber oft nicht an ein Studium heran.

Aus diesem Grund hat die Plattform fernstudieren.de eine kostenlose Broschüre mit dem Titel „Geht nicht – gibt es nicht! – Studieren mit Behinderung“ herausgebracht, die behinderten bzw. beeinträchtigten Menschen Mut machen soll, ein akademisches Studium aufzunehmen. Die Broschüre ist als Download verfügbar und liefert handfeste Ratschläge, die bei der Aufnahme und Durchführung eines Studiums helfen und informiert über gesetzliche Grundlagen. Die Autorin Ines Jachomowski  ist Redaktionsmitglied bei fernstudieren.de und weiß selbst sehr genau, wovon sie schreibt, denn sie ist schwerhörig, seit frühester Kindheit auf Hörgeräte angewiesen. Das hat sie aber davon nicht abgehalten gleich zwei Studiengänge zu absolvieren. Dabei hatte sie so manches Mal mit uneinsichtigen Dozenten, vielen Vorurteilen (wer schlecht hört, ist gleichzeitig auch geistig zurückgeblieben!) und mangelhaften Rahmenbedingungen (schlechte Akustik in veralteten Seminargebäuden) zu kämpfen. Die Autorin benennt offen die Probleme behinderter Studenten, zeigt aber auch Lösungen auf und will vor allem eines: Mut machen.

In der Broschüre sind neben den reinen Fakten wie z. B. den rechtlichen Regelungen auch Internet- und E-Mail-Adressen wichtiger Vereine und Selbsthilfegruppen zu finden, des Weiteren handfeste Tipps für die Bewerbungsphase, die Wohnungs- und Nebenjobsuche sowie für die Finanzierung des anvisierten Studiums. Zusätzlich wird in der Broschüre auch das Fernstudium als Alternative zu einem Präsenzstudium vorgestellt. Der Leser/ die Leserin findet auch konkrete Hinweise, wie er bzw. sie mit Dozenten und Mitstudierenden umgehen sollte, z. B. für den Fall, dass ein Dozent kein Verständnis aufbringen kann oder die Kommilitonen sich über die „Extra-Bratwurst“ beschweren. Denn behinderten Studenten geht es nicht um „Extra-Bratwürste“ oder das „Hinterherwerfen“ eines akademischen Titels – sondern schlicht um die Chance, mit Hilfe von Nachteilsausgleichen die Möglichkeit zu bekommen, einen Uni-Abschluss zu erwerben. Die Schwierigkeiten, mit denen behinderte Studenten zu kämpfen haben, sind Unbeteiligten kaum zu vermitteln – und trotzdem muss ein Bewusstsein für diese Problematik geschaffen werden.

Dass sich unterstützende Kampagnen auszahlen, zeigt ein Blick in das Vereinigte Königreich. Das britische Ministerium für Arbeit vermeldete jüngst, dass in Groß Britannien immer mehr Menschen mit Behinderung in ihren Traumjobs arbeiten. Grund dafür ist ein Finanzierungsprogramm “Access to Work”. Das Programm federt Kosten ab, die auf dem Arbeitsweg oder am Arbeitsplatz entstehen können, etwa durch spezielles Equipment. Die Zahl derer, die auf diese Unterstützung zurückgreifen sei im vergangenen Jahr um 10% gestiegen. Dennoch wünscht sich das Ministerium, dass mehr Menschen diese Unterstützung beantragen. Diese richtet sich an Menschen mit Behinderung und Menschen mit schweren Erkrankungen, die den Einstieg in den Arbeitsmarkt erschwert oder dazu führt, dass bestimmte Vorkehrungen am Arbeitsplatz getroffen werden müssen. Eine digitale Kampagne (Disability Confident campaign) richtete sich gezielt an Unternehmen und sorgte damit für mehr Aufmerksamkeit über die Finanzierungshilfe.

Durch derartige Unterstützungen steigt die Quote der Beschäftigten in Groß Britannien an (46% im Jahr 2012). Dennoch gibt es immer noch einen Unterschied von 30% zwischen den Beschäftigungsquoten von Menschen mit und ohne Behinderung.