Wenn ein Unternehmen bereits „ganz viel zu D&I macht“, stellt sich oft die Frage, wie spezifische Wirkung und weitere Entwicklung erzielt werden können. Die Frage bezieht sich insgesamt auf die Zukunftsfestigkeit von D&I Strategien. Wir haben Antworten.
Stellen Sie sich vor, Sie haben all Ihre Prozesse auf D&I ausgerichtet, eine offene Kultur geschaffen und einbeziehende Verhaltensweisen auf allen Ebenen entwickelt. Ihre interne und externe Kommunikation spiegelt D&I wider und Ihre Teilnahme an Rankings und Awards ist regelmäßig erfolgreich, u.a. weil Ihre diversen Kennzahlen einen kontinuierlichen Fortschritt zeigen. Unternehmen, die D&I in diesem Sinne führend umsetzen, haben mitunter den Eindruck, das Augenmerk auf einer Instanthaltung des Erreichten legen zu müssen.
Unsere Analysen zeigen indes, dass es eine Weiterentwicklung für D&I gibt, die neuere problematische Reaktionen (aus Mainstream-/Mehrheitssicht) und Diskrepanzen (z. B. im Verhältnis zu digitaler Transformation, Globalisierung oder Agilität) adressiert. Fünf grundlegende Veränderungen können D&I zu einem zukunftssicheren Konzept machen, das breite Akzeptanz findet und belastbare Mehrwerte erzeugt.
1_ Definieren Sie Vielfalt neu, so dass sich alle Menschen einbezogen und zugehörig fühlen.
Die Einbeziehung aller Individuen ist seit vielen Jahren das erklärte Ziel von D&I. Allerdings zeigen kritische Reaktionen sowie echte Rückschläge, dass bisherige D&I-Konzepte und -Botschaften nicht deutlich genug waren, um diesen integrativen Ansatz glaubwürdig zu vermitteln. Angesichts der (Anti-Diskriminierungs)Wurzeln von D&I und seiner (Quoten-) Entwicklung über die Jahrzehnte ist dies nicht überraschend. Unsere Analysen zeigen derweil, dass die Einbeziehung von Mehrheitsgruppen und des Mainstreams eine der wenigen Möglichkeiten darstellt, D&I zu optimieren und zukunftssicher zu positionieren. Hierfür gibt es jedoch keine offensichtliche Lösung, da einige der ‚historischen‘ Nachteile weiterhin bestehen und adressiert werden müssen. Als erster Schritt sollten Mikrobotschaften und Mechanismen beseitigt werden, die dominante Gruppen zum “Problem” erklären.
http://ungleich-besser.de/diversity-verstaendnis/alle-erfolgreich-einbeziehen/
2_ Ausrichtung der D&I-Ziele und -Strategien auf die Wertschöpfungskette und den Geschäftserfolg.
Analog zum vorgenannten Punkt können viele D&I-Storylines mehr oder weniger deutlich angepasst werden, um einen geschäftsorientierten Ansatz zu vermitteln. Der bisherige Fokus auf Talentmärkte, Fairness und bestmögliche Ressourcennutzung beinhaltete eine Betonung von Vielfalt (und spezifischen Dimensionen), während der Business Case häufig nur allgemein dargestellt wurde. Um D&I deutlich weiterzuentwickeln, muss ein umfassenderes Bild gezeichnet werden, das Geschäftsprioritäten und -herausforderungen in den Mittelpunkt stellt und alle Elemente beschreibt, die für einen Wertbeitrag erforderlich sind. Entsprechend überarbeitete Storylines sind nicht nur zutreffender, sie finden auch mehr Akzeptanz und machen die Notwendigkeit für weitere Veränderungen deutlich.
https://www.linkedin.com/pulse/what-blackrock-heidi-klum-head-hunters-have-common-michael-stuber
3_ Messkriterien, die hartnäckige Biases in der Kultur oder in Prozessen sichtbar machen.
Eng definierte Kennzahlen bilden einen Hauptgrund für so genannte Fehlwahrnehmungen von D&I. Die Fokussierung auf wenige quantitative KPIs (häufig nur Geschlecht und evtl. Nationalität) konnte kein ganzheitliches D&I Verständnis erzeugen und schon gar nicht die Allgemeinheit für das Thema gewinnen. Umfassendere KPIs eignen sich nicht nur besser für die Erfolgsmessung des D&I-Wertschöpfungsprozesses, sie finden auch die nötige Akzeptanz. Ganzheitliche Systeme messen dazu u.a. die wahrgenommene Offenheit oder andere relevante Werte der Unternehmenskultur sowie die Einbeziehung von Prozessen und Verhaltensweisen.
http://de.diversitymine.eu/measuring-the-success-of-di-the-what-and-the-how/
4_ Mit dem kritischen Denken aller Beteiligten ungenutzte Chancen identifizieren.
Die empirische Forschung hat gezeigt, dass ein großer Teil der betrieblichen D&I-Agenda auf Peer-Vergleichen basiert. Im Gegensatz zu diesem schwarmigen Komfort- und Sicherheitsansatz sind Unternehmen ansonsten darauf bedacht, eigenständige Ansätze für ihr Business oder in Personalfragen zu entwickeln. Für Ihre nächste D&I Entwicklungsstufe ist es entsprechend erforderlich, die besondere Situation Ihrer Organisation kritisch zu reflektieren und den spezifischen Verbesserungsbedarf zu identifizieren. Vor allem Unternehmenskulturen sind in hohem Masse individuell, da sie in der Geschichte des Unternehmens, der Branche und anderen Kontexten verwurzelt sind. Dazu passt es, dass Kultur und Führung ohnehin im Mittelpunkt hochentwickelter D&I-Strategien stehen. Kritisches Denken ermöglicht signifikante Entwicklungsschritte Ihrer spezifischen Kultur, indem es Grundannahmen infrage stellt.
http://de.diversitymine.eu/research-says-without-the-right-mind-set-targets-dont-work/
5_ (sichtbare!) Einbettung von D&I in Geschäfts- und Führungsprozesse sowie -instrumenten
Während die Belege für den geschäftlichen Nutzen gut gemanagter D&I überdeutlich geworden sind, hinken die konkret erzeugten Business-Benefits noch hinterher. Dafür sind nicht zuletzt die als soft wahrgenommenen Talent- und CSR-Schwerpunkte der letzten Jahre mitverantwortlich. Immerhin gibt es belastbare Erfolgsgeschichten, wie D&I als Hebel für konkreten Geschäftserfolg genutzt werden kann. Was fehlt – und insofern den Weg auf die nächste Stufe weist – ist die Umsetzung des theoretischen Business Cases sowie die Skalierung erfolgreicher Pilotprojekte. Hierfür müsste D&I expliziter als bisher in Geschäftsprozesse sowie Führungsmodelle und -instrumente eingebettet werden.
D&I muss sich ändern, um zukunftssicher zu werden.
D&I-PraktikerInnen lieben es, ihrem Publikum die Notwendigkeit von Veränderungen aufzuzeigen. Nun ist es an der Zeit, ihre Anpassungsfähigkeit an ein verändertes Umfeld unter Beweis zu stellen manche Ansätze (und zugehörige Grundannahmen), die in der Vergangenheit erfolgreich waren, zu überdenken. In den letzten Jahren war Globalisierung ein zentraler Antrieb für D&I – auch wenn es nie optimal dafür genutzt wurde. Inzwischen haben das Primat der digitalen Transformation sowie populistische und post-faktische Kampagnen den Kontext für D&I so stark verändert, dass das beschriebene grundlegende Umdenken erforderlich geworden ist. Unternehmen, die bereits ausgereifte D&I-Konzepte haben, haben die Möglichkeit, eine Optimierung für die Zukunft zu erzielen. Alle anderen können das neue Denken in ihre Weiterentwicklung integrieren.
Weiterführende Literatur
http://de.diversitymine.eu/focus-on-impact-di-fully-revamped/