Geschlechter- und andere Stereotype formen sich im Kindesalter. Einfältiges oder ausgrenzendes Spielzeug und stereotypische Emojis waren daher lange in der Kritik. Jetzt gibt es gleich mehrere Neuerungen.
Es ist schon fast ein PR-Coup, mit dem Apple seine für Herbst geplanten neuen Emojis vorstellt. Mechanikerinnen, Alleinerziehende, eine Regenbogenfahne und eine Wasserpistole statt des bisherigen Revolvers. Wie bisher können die Hauttöne der Emojis von den UserInnen selbst ausgewählt werden. Das Unternehmen feiert seinen Einsatz für Vielfalt. Zuständig für Emojis ist allerdings das Unicode-Konsortium und nicht (allein) der Betriebssystemanbieter (z. B. Apple für iOS oder Google für Android), die indes Einfluss ausüben können. Aus Diversity-Sicht korrigiert dieser Fortschritt Fehlentwicklungen aus einer Zeit, in der diese bereits vermeidbar gewesen wären – denn Emojis wurden 2010 in Unicode aufgenommen.
Firmen folgen dem (Gender-) Druck lokaler Märkte
Wesentlich älter sind die stereotypischen Angebote für die wesentlich jüngeren: Kinderspielzeug existiert sprichwörtlich seit Urzeiten. Aus dem Mittelalter sind Puppen für Mädchen (Mägde) und Ritterfiguren für Jungs (Junker) bekannt, die die klaren Geschlechterrollen widerspiegelten. Spielwarenhersteller und –händler ernteten in jüngster Zeit viel Kritik für die Fortsetzung der starren Rollenzuweisungen. War die Kritik laut genug, führte sie zu Veränderungen. In Schweden zum Beispiel folgte die Handelskette Top Toys – zu Toys“R“us gehörend – dem Marktdruck und führte zum Weihnachtsgeschäft 2012 einen geschlechtsneutralen Katalog ein. Ebenso der Konkurrent BR-Toys. Entsprechende Änderungen in den Shops folgten. Die Statements der Unternehmen ließen erkennen, dass die Änderungen den Wünschen der lokalen Kunden folgten – also weder einem eigenen Antrieb aus Überzeugung folgten noch als Vorbild für andere Länder dienen würden.
Playmobil mit Behinderungen: Spielzeug, das so ist wie ich selbst bin
Der Spielzeugriese Playmobil machte 2015 einen großen Schritt in Richtung Inklusion. Nachdem Mattel’s Rollstuhlfahrerin Becky und die Gebärdensprachen-Barbie Ende der 1990er Jahre eingestellt worden waren, fehlte das Thema Behinderung im Mainstreammarkt für Kinder. Playmobil stellte im vergangenen Jahr eine Reihe von Figuren mit einer Behinderung vor – RollstuhlfahrerInnen und Blindenhunde – und unterstützt ausdrücklich die Kampagne #ToyLikeMe, die die Thematisierung von Behinderung im Spielzeugmarkt fordert. Glaubwürdigkeit erhält der Schritt von Playmobil (in Großbritannien) durch Spenden, die an ausgewählte Initiativen des Bereichs gehen. Auch andere Spielzeugmarken nahmen Accessoires wie Hörgeräte in ihr Sortiment auf und achteten auf einen Anteil BrillenträgerInnen unter ihren Figuren. Der Spielzeugriese Lego folgte 2016 mit der ersten Rollstuhlfigur der Firma.
Multi-Kulti Spielzeug als Nischenprodukt
Mit dem umfassenden Anspruch „Diversity-Spielzeug“ ging mittlerweile ein Berliner Start-up an den Markt. Mit aktuell circa 150 Produkten, davon über 60 Puppen, möchte der Webhändler „vielfältige und empowernde Spielzeuge und Bücher“ anbieten. Ein Blick auf das Sortiment zeigt rasch, dass der Fokus deutlich auf dem äußeren Erscheinungsbild, insbesondere Ethnie und Hautfarbe, liegt. Selbst in diesem Themenfeld gelingt Vielfalt nur in Bezug auf unterschiedliche Puppen oder Sets. Die angebotenen Familien sind derweil entweder weiß oder farbig. Die immer häufigere Realität multi-kultureller Familien fehlt. Auch in Bezug auf Gender bietet der Shop auch auf den zweiten Blick nur traditionelles: Stickerbücher mit Prinzessinnen für Mädchen und mit Fußball für Jungs. In einem Mainstream-Shop würde man sich über eine gewisse Vielfalt freuen – in einem Diversity-Shop lösen Stereotype dagegen eher Ärger oder Enttäuschung aus.
Dieses mögliche Resumée soll den selbstkritischen Blick auf diversityimanente Biases schärfen.